IT-Systeme im Rettungsdienst

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Über das Projekt

Zusammenfassung

Das hier vorgestellte Forschungsprojekt geht hervor aus der Bachelor-Arbeit zum Thema „Stand und Potential von mobilen Informationssystemen zur Unterstützung von Einsätzen in der präklinischen Notfallmedizin„, die im November 2020 am Institut für Wirtschaftsinformatik (Lehrstuhl für Informationsmanagement, Prof. Franczyk) der Universität Leipzig eingereicht wurde.

Ziel dieser Arbeit war es, den derzeitigen Stand von digitalen Informationssystemen zur Unterstützung von rettungsdienstlichen Einsätzen in Wissenschaft und Praxis darzustellen und Potentiale für die Zukunft aufzuzeigen. Dabei sollte geklärt werden, wie weit IT-Systeme heute schon Einfluss auf den präklinischen Einsatzalltag haben, z.B. im Bereich der Dokumentation, der Kommunikation mit Krankenhäusern und Ärzten oder dem Qualitätsmanagement.
Im Zentrum stehen dabei „Einsatz-Unterstützungssysteme“:
IT-Systeme, die den Einsatzkräften während der Behandlung assistieren und einen möglichst integrierten Informationsfluss sicherstellen. Weiterhin sollte die Verbreitung und Akzeptanz dieser IT-Integration unter den Einsatzkräften evaluiert werden. Darauf aufbauend sollten Möglichkeiten für die künftige Weiterentwicklung solcher Systeme hinsichtlich neuen Funktionen, zusätzlichen Schnittstellen und verbesserter User-Experience aufgezeigt werden, die bisher noch nicht implementiert wurden, aber eine weitere Verbreitung und Zustimmung in der Praxis begünstigen können.  

Konkret:
• Welche IT-Systeme für die präklinische Notfallmedizin existieren derzeit und welchen Stellenwert haben Sie?
• Welche Chancen bieten IT-Systeme für den rettungsdienstlichen Einsatz in der Zukunft und wie kann dieses Potential genutzt werden?

Hintergrund

Die stetige Digitalisierung unserer Gesellschaft und der Arbeitswelt macht auch vor dem Medizinsektor und insbesondere dem Rettungsdienst nicht Halt. Dennoch entwickelt sich dieser Prozess im Rettungswesen vergleichsweise langsam und bundesweit unterschiedlich schnell.
Vor dem Hintergrund stetig steigender Einsatzzahlen und immer höher werdenden Anforderungen an Dokumentation und Leitlinien-basierte Versorgung durch den Notfallsanitäter entwickelten sich in der Vergangenheit unterschiedliche Ansätze, wie durch die Verwendung von Informationssystemen Rettungsdienst-Einsätze unterstützt werden können. Ideen dazu sind nicht neu: Schon im Jahr 2000 identifizieren Gröschel und Ellinger „die mangelhafte Dokumentation und Datenauswertung und das Defizit bei der Kooperation mit allen Prozeßbeteiligten [sic!]“ als „Hauptprobleme des Rettungsdienstes“ [Gröschel/Ellinger 2000, 737]. Sie erkannten die Notwendigkeit eines zunehmende Einsatzes von EDV im Rettungsdienst als Voraussetzung für eine informationstechnische Vernetzung der Helfer vor Ort. In den darauffolgenden 20 Jahren bis heute blieb eine weitgehende und flächendeckende Digitalisierung aber aus. Bis zum jetzigen Zeitpunkt werden in einigen Regionen Deutschlands Protokolle immer noch handschriftlich verfasst, Klinik-Voranmeldungen ausschließlich telefonisch durchgeführt oder Behandlungs-Algorithmen als Taschenbuch mitgeführt. In anderen Teilen werden wiederum Konzepte in den Bereichen Telekonsultation, digitale Dokumentation oder Voranmeldung mit Vitalparameter-Übertragung bereits erfolgreich pilotiert oder routinemäßig eingesetzt. Rashid et al. beschreiben telemedizinische Produkte bisher als „Insellösungen“ und sehen den Bedarf „eines flächendeckenden, einheitlichen Gesamtkonzeptes zur optimalen Nutzung der Vorteile für den Patienten sowie alle Beteiligten der Rettungskette“, denn „der Einsatz von Telemedizin kann die Versorgungsqualität nachhaltig steigern“ [Rashid et al. 2015].
Eder et al. zeigen, dass sowohl bei Schwer- als auch Leichtverletzten der Behandlungsprozess erheblich davon beeinflusst wird, wie viele Informationen welchem Prozessbeteiligten wann zur Verfügung stehen und dass eine weitergehende Versorgungsforschung in der sektorenübergreifenden Notfallmedizin angezeigt ist. Dabei ergeben sich auch Benefits hinsichtlich einer einheitlichen Dokumentation und dem Qualitätsmanagement (vgl. [Eder et al. 2019, 42]).
Dem folgen auch Skorning et al.: „Telemedizinische Unterstützungssysteme werden in Zukunft unumgänglich sein, um den Qualitätsanforderungen gerecht zu werden“ [Skorning et al. 2011, 191].
Es zeigt sich, dass während eines Rettungseinsatzes viele Informationen aus verschiedenen Quellen in den Prozess einfließen und anschließend wieder in andere Richtungen ausfließen. Eine erhöhte Informationstransparenz bietet einen Mehrwert für Patienten und Einsatzkräfte. Gleichzeitig stellen ein heterogenes Umfeld und viele Einzellösungen Hürden für eine flächendeckend einheitliche Verbreitung und Annahme bei Sanitätern und Ärzten dar.

Literatur

[Eder et al. 2019]
Eder, P.A., Dormann, H., Krämer, R.M., Lödel, S.K., Shammas, L., Rashid, A., Telemedizinische Voranmeldung durch den Rettungsdienst bei Schwerverletzten, in: Notfall + Rettungsmedizin, 22 (2019) 1, S. 37–44.

[Gröschel/Ellinger 2000]
Gröschel, J., Ellinger, K., Telemedizin im Rettungsdienst,
in: Anästhesiologie & Intensivmedizin, 41 (2000), S. 737–747.

[Rashid et al. 2015]
Rashid, A., Eder, P., Kippnich, U., Telemedizin im Rettungsdienst – Möglichkeiten für den Einsatzalltag, in: retten!, 4 (2015) 04, S. 256–260.

[Skorning et al. 2011]
Skorning, M., Bergrath, S., Brokmann, J.C., Rörtgen, D., Beckers, S.K., Rossaint, R., Stellenwert und Potenzial der Telemedizin im Rettungsdienst, in: Notfall + Rettungsmedizin, 14 (2011) 3, S. 187–191

Zur Person

Clemens Möllenhoff (B.Sc.) ist Master-Student der Wirtschaftsinformatik (Business Information Systems) an der Universität Leipzig. Zudem ist er seit 2016 nebenberuflich als Rettungssanitäter bei verschiedenen Hilfsorganisationen in Bayern und Sachsen tätig.
Korrespondenzadresse: moellenhoff [at] rescue-research.de


© 2024 Clemens Möllenhoff, Universität Leipzig

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